Die Geschichte existiert ausschließlich in der Geschichtsschreibung. Der Mensch handelt. Handlung an sich ist nicht sichtbar. Sie wird erst sichtbar, wenn wir sie beschreiben. Auf dem schmalen Grat von Erinnerung, Geschichte, Erzählung und Erfindung balanciert die Inszenierung von Simon Windisch und dem Ensemble der AGORA.
„Neun Häuser“ ist eine ortsspezifische theatrale Aktion, die sich mit der Region, den Fragen der Autonomie und mit der Vergangenheit Ostbelgiens auseinandersetzt. Sie nährt sich aus mehreren Quellen: über ein Jahr hinweg wurden Interviews mit Ostbelgier:innen geführt. Gefragt wurde nach Heimat und Herkunft. Was sind die Auswirkungen der gemeinschaftlichen Autonomie, der Bestrebungen von Politik und Kultur – auf das Leben in Ostbelgien? Aus welchem Blickwinkel schaut eine Person auf ihre Umgebung, die politische Entwicklung ihrer Zeit, die Welt?
Die Gespräche verbinden sich mit dem Ort St. Vith, an dem nach der Ardennenoffensive von 1944 noch neun Häuser standen. Angeblich. Denn auf der Suche nach dieser Faktizität wird sie immer unschärfer. Wer entscheidet, welches Haus noch steht? Was ist Fakt, was Erinnerung? Welche Geschichte erzählen wir? Und mit welcher Haltung?